Ultra-kurze Zöliakie: Wenn klassische Tests unauffällig sind
Stell Dir vor: Du hast seit Monaten oder Jahren mit Blähungen, Bauchschmerzen, Durchfall oder ständiger Müdigkeit zu kämpfen.
Du lässt Dich testen.
Dein Arzt untersucht Dich auf Zöliakie.
Die Tests scheinen unauffällig.
Man sagt Dir: „Zöliakie haben Sie nicht.“
Und doch bleiben Deine Beschwerden.
Was, wenn es eine Form der Zöliakie gibt, die die klassischen Tests nicht zuverlässig erfassen? Was, wenn es eine Form gibt, die noch kaum jemand kennt – und die genau Deine Symptome erklären könnte?
Die sogenannte ultra-kurze Zöliakie (Ultra-Short Coeliac Disease, USCD) ist eine neue, bislang oft übersehene Variante der Zöliakie.
Dieses Krankheitsbild wurde erst 2016 beschrieben und beginnt gerade, in der Medizin mehr Aufmerksamkeit zu erhalten. Eine aktuelle internationale Studie zeigt: Auch ohne die klassischen Symptome und bei scheinbar normalen Standardtests können Patienten unter einer echten, behandlungsbedürftigen Form von Zöliakie leiden.
Was ist die ultra-kurze Zöliakie?
Bei dieser neuen Form ist die Schädigung im Dünndarm auf einen winzigen Bereich beschränkt: den Duodenalbulbus (D1), das erste kleine Stück des Dünndarms.
In den üblichen Untersuchungen (Biopsien aus dem weiter hinten gelegenen Dünndarmabschnitt D2) bleibt diese Veränderung oft verborgen.
Bisher glaubte man, dass Veränderungen im Bulbus schwer zu interpretieren seien. Man hielt kleine Entzündungen für harmlos oder nicht aussagekräftig. Neue Studien zeigen jedoch: Diese Patienten haben eine echte Zöliakie.
Und: Eine glutenfreie Ernährung verbessert ihre Beschwerden ebenso wie bei der klassischen Form.
Viele dieser Patienten leiden unter Blähungen, Bauchschmerzen und Durchfall, manchmal auch unter Verstopfung. Einige klagen über starke Müdigkeit oder zeigen leichte Vitaminmängel. Klassische Begleiterkrankungen, wie sie bei schwerer Zöliakie auftreten können, fehlen jedoch oft.
Die wichtigsten Erkenntnisse aus der neuen internationalen Studie:
- Patienten mit ultra-kurzer Zöliakie sind im Schnitt jünger als klassische Zöliakiepatienten.
- Sie haben ähnliche Beschwerden wie klassische Zöliakiepatienten, darunter Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall und manchmal Verstopfung.
- Ihre Antikörper (besonders IgA-Transglutaminase) sind oft viel niedriger als bei klassischer Zöliakie.
- Der Endomysium-Test ist häufiger negativ, obwohl eine Zöliakie vorliegt.
- Eine glutenfreie Ernährung bringt bei über 95 % der Betroffenen eine deutliche Besserung.
Warum wird Zöliakie oft so spät erkannt?
Es gibt noch ein weiteres, wichtiges Problem: Selbst klassische Zöliakie wird oft viel zu spät erkannt – im Schnitt dauert es weltweit zwischen 9,7 und 13,3 Jahren, bis die Diagnose gestellt wird.
Ein Grund dafür ist, dass bei vielen Patienten trotz Beschwerden keine Biopsien gemacht werden. Und selbst wenn Biopsien genommen werden, erfolgt die Probeentnahme häufig nicht aus dem entscheidenden Abschnitt (dem Duodenalbulbus).
Warum könnte eine ultra-kurze Zöliakie bei Dir übersehen worden sein?
Viele Gastroenterologen nehmen Biopsien ausschließlich aus dem hinteren Zwölffingerdarm (D2). Wenn dort keine klaren Veränderungen sichtbar sind, wird die Möglichkeit einer Zöliakie oft ausgeschlossen. Dabei empfiehlt heute sowohl die britische als auch die amerikanische Fachgesellschaft, immer auch eine Probe aus dem Duodenalbulbus zu entnehmen. Dennoch halten sich weltweit nur etwa 37–40 % der Ärzte an diese Empfehlung.
Hinzu kommt: Bei der ultra-kurzen Zöliakie sind typische Antikörpertests (z. B. IgA-Endomysium) oft unauffällig. Gerade deshalb bleibt diese Diagnose häufig unerkannt, und Patienten leiden jahrelang unter Beschwerden ohne klare Ursache.
Was passiert im Körper bei einer ultra-kurzen Zöliakie?
Obwohl die Schädigung nur ein kleines Stück des Darms betrifft, reicht diese Entzündung aus, um spürbare Symptome auszulösen. Auch wichtige Nährstoffe wie Eisen und Vitamin D werden in diesem Abschnitt des Dünndarms aufgenommen. Kommt es dort zu Schädigungen, können Mangelerscheinungen und eine beeinträchtigte Lebensqualität die Folge sein.
Anders als bei schwerer Zöliakie sind massive Gewichtsverluste, Dermatitis herpetiformis oder starke Anämien weniger häufig. Trotzdem können Betroffene deutlich unter Blähungen, Bauchschmerzen, Durchfall, Verstopfung und extremer Müdigkeit leiden.
Wie kannst Du herausfinden, ob Du betroffen bist?
Eine klassische Zöliakie-Diagnostik reicht bei Verdacht auf ultra-kurze Zöliakie nicht aus.
Deshalb sollten gezielt folgende Schritte erfolgen:
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✅ Transglutaminase-Antikörpertest (IgA-tTG): Auch wenn die Werte bei ultra-kurzer Zöliakie niedriger ausfallen können.
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✅ Endomysium-Antikörpertest (IgA-EMA): Auch hier kann ein negatives Ergebnis nicht sicher ausschließen.
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✅ Biopsien aus dem Duodenalbulbus (D1): Nur hier zeigt sich die charakteristische Schädigung.
In der neuen Studie wurde gezeigt: Wer gezielt untersucht wurde, profitierte enorm von einer glutenfreien Ernährung – trotz niedriger Antikörperwerte und scheinbar unauffälliger Standardbiopsien.
Wir können Dich auf ultra-kurze Zöliakie untersuchen
In unserer Praxis bieten wir Dir ein gezieltes Screening auf Antikörper gegen Transglutaminase und Endomysium aus dem Kapillarblut an. Natürlich ersetzt dies keine vollständige Abklärung durch eine Magenspiegelung, dennoch erhältst Du durch die Tests erste Hinweise darauf, ob Du möglicherweise betroffen bist oder nicht. Zusätzlich können wir Dich bei der Abklärung anderer Erkrankungen unterstützen, die mit Gluten in Zusammenhang stehen, zum Beispiel einer Fruktanintoleranz – einem der häufigsten Auslöser von Verdauungsbeschwerden – oder einer Weizenallergie, die ähnliche Symptome wie eine Zöliakie hervorrufen kann.
Wie geht es nach der Diagnose weiter?
Wenn bei Dir eine ultra-kurze Zöliakie festgestellt wird, kannst Du endlich gezielt handeln. Eine glutenfreie Ernährung kann Deine Beschwerden lindern, Deine Lebensqualität verbessern und langfristige Schäden vermeiden.
Die Studie zeigt: Bereits nach durchschnittlich drei Jahren glutenfreier Ernährung hatten fast alle Patienten eine deutliche Besserung ihrer Symptome.
Auch wichtige Blutwerte wie Eisen, Vitamin B12 und Vitamin D normalisierten sich wieder.
Warum gerade jetzt handeln?
Je früher eine Zöliakie erkannt wird – egal ob klassische oder ultra-kurze Form – desto besser die Prognose.
Unbehandelte Zöliakie kann langfristig zu Nährstoffmängeln, Osteoporose, neurologischen Problemen und anderen schweren Komplikationen führen.
Mit einer rechtzeitigen Diagnose kannst Du diese Risiken vermeiden und wieder ein normales, beschwerdefreies Leben führen.
Was Du jetzt tun kannst
Wenn Du seit längerem unter unklaren Verdauungsbeschwerden leidest, die klassischen Tests nichts ergeben haben und Deine Lebensqualität eingeschränkt ist, dann zögere nicht. Lass Dich gezielt auf ultra-kurze Zöliakie untersuchen.
Gerne beraten wir Dich individuell und helfen Dir, die richtige Diagnose zu finden – damit Du endlich weißt, was wirklich hinter Deinen Beschwerden steckt.
Literaturquelle:
Raju, S.A., Greenaway, E.A., Schiepatti, A., et al. (2024). New entity of adult ultra-short coeliac disease: the first international cohort and case–control study. Gut, 73(7), 1124–1130.
Verfügbar unter: https://eprints.whiterose.ac.uk/id/eprint/211115/1/gutjnl-2023-330913.pdf