Lyme-Borreliose: Symptome, Diagnostik und Behandlung der häufigsten durch Zecken übertragenen Krankheit

Lyme-Borreliose: Symptome, Diagnostik und Behandlung der häufigsten durch Zecken übertragenen Krankheit

Die Lyme-Borreliose (auch: Lyme-Krankheit) ist die häufigste durch Zecken übertragene Infektionskrankheit in den USA und eine der häufigsten weltweit. Verursacht wird sie durch Bakterien der Gattung Borrelia, die beim Biss infizierter Zecken auf den Menschen übertragen werden. Wird die Erkrankung nicht rechtzeitig erkannt und behandelt, kann sie sich auf verschiedene Organsysteme ausbreiten – mit Folgen für das Nervensystem, das Herz oder die Gelenke.

Die Krankheit verläuft in mehreren Stadien und äußert sich mit sehr unterschiedlichen Beschwerden: Von einer ringförmigen Hautrötung über grippeähnliche Symptome bis hin zu Nervenschäden, Herzrhythmusstörungen oder chronischer Gelenkentzündung. Umso wichtiger sind eine frühzeitige Diagnose, eine gezielte Therapie und ein bewusster Umgang mit Risikofaktoren. Dieser Artikel erklärt Dir alle Aspekte der Lyme-Borreliose – basierend auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und klinischen Leitlinien.

Übersicht: Die drei Stadien der Lyme-Borreliose

Die Lyme-Borreliose verläuft in drei aufeinanderfolgenden Stadien. Nicht alle Patient*innen durchlaufen alle Phasen – bei vielen bleibt es beim Frühstadium. Unbehandelt kann die Erkrankung jedoch fortschreiten.

1. Früh lokalisiertes Stadium

  • Auftreten typischerweise 1 bis 28 Tage nach Zeckenstich
  • Häufigstes Symptom: Erythema migrans, eine ringförmige, sich ausbreitende Rötung an der Einstichstelle ("Wanderröte")
  • Weitere mögliche Beschwerden: Müdigkeit, Fieber, Kopfschmerzen, Muskel- und Gelenkschmerzen

2. Früh disseminiertes Stadium

  • Typischerweise 3 bis 12 Wochen nach Infektion
  • Die Erreger breiten sich im Körper aus

Häufige Symptome:

  • Mehrere Erythema-migrans-Läsionen
  • Lymphknotenschwellung
  • Grippeähnliche Beschwerden
  • Gesichtslähmung (v. a. Nerv VII)
  • Augenentzündungen
  • Lymphozytäre Meningitis
  • Herzbeteiligung (z. B. Reizleitungsstörungen, Myokarditis, Perikarditis)

3. Spätstadium

  • Kann Monate bis Jahre nach der Infektion auftreten
  • Häufigste Manifestation: Lyme-Arthritis – meist an großen Gelenken (besonders Knie)

Weitere Symptome:

  • Chronische Gelenkschmerzen und -entzündung
  • Kognitive Einschränkungen (Konzentrations- und Gedächtnisstörungen)
  • Chronische Hautveränderung (z. B. Acrodermatitis chronica atrophicans)
  • Enzephalopathie, seltener Enzephalomyelitis

Ursachen der Lyme-Borreliose und Übertragung 

Die Lyme-Borreliose wird durch spiralig aufgebaute Bakterien der Gattung Borrelia verursacht. In den USA ist der Hauptverursacher Borrelia burgdorferi, seltener auch Borrelia mayonii. In Europa und Asien sind vor allem drei Arten verantwortlich: Borrelia burgdorferi, Borrelia afzelii, Borrelia garinii

Diese Bakterien haben unterschiedliche Vorlieben für Körpergewebe:
  • B. burgdorferi befällt vorwiegend die Gelenke,
  • B. garinii bevorzugt das Nervensystem,
  • B. afzelii hat eine Affinität zur Haut.

Die Übertragung erfolgt durch den Biss infizierter Zecken der Gattung Ixodes. Die Zecken durchlaufen einen 2- bis 3-jährigen Lebenszyklus mit vier Stadien: Ei, Larve, Nymphe, erwachsene Zecke. Um sich zu entwickeln, benötigen sie mindestens zwei Blutmahlzeiten – bei der Nymphe und beim adulten Weibchen. Während dieser Mahlzeiten können sie sich mit Borrelien infizieren und sie später beim nächsten Wirt – Mensch oder Tier – wieder abgeben.

Die wichtigsten Reservoirwirte der Borrelien sind kleine Säugetiere (z. B. Mäuse, Wühlmäuse) und Vögel. Obwohl Rehe häufig Zecken tragen, gelten sie nicht als Reservoir für die Bakterien.

Wie wird die Infektion übertragen?

Die Borrelien leben im Darm der Zecke. Erst durch die Aufnahme von Blut beginnt ihre Aktivierung. Sie wandern zur Speicheldrüse der Zecke, was Zeit braucht. Deshalb ist eine Übertragung in der Regel nur möglich, wenn die Zecke länger als 15 Stunden am Menschen haftet – je länger der Saugvorgang, desto höher das Infektionsrisiko.

Verbreitung und Häufigkeit (Epidemiologie)

Die Lyme-Borreliose tritt weltweit auf, am häufigsten jedoch in den gemäßigten Klimazonen der Nordhalbkugel. In den USA ist sie die am häufigsten gemeldete durch Zecken übertragene Erkrankung. Die meisten Fälle werden aus dem Nordosten und dem oberen Mittleren Westen gemeldet. 

Im Jahr 2022 wurden dem CDC (Centers for Disease Control and Prevention) 62.551 Fälle gemeldet. Schätzungen gehen allerdings davon aus, dass die tatsächliche Zahl deutlich höher liegt.

Wer ist besonders betroffen?

  • Mehr Männer als Frauen

  • Zwei Häufigkeitsgipfel: Kinder unter 15 Jahren und Erwachsene über 45 Jahre

Wann tritt die Infektion auf?

Die Hauptsaison ist spätes Frühjahr, Sommer und Frühherbst. Das deckt sich mit der aktiven Phase der Nymphen, die besonders klein und schwer zu entdecken sind – und damit das größte Infektionsrisiko darstellen. Auch die vermehrte Freizeitaktivität im Freien trägt zur Häufung in dieser Zeit bei.

Wie wirkt Lyme-Borreliose im Körper? 

Die Borrelien – spiralig gewundene Bakterien – leben im Mitteldarm der Zecke. Wenn die Zecke zu saugen beginnt, gelangen die Bakterien in Bewegung:

  • Sie werden durch das Blut des Wirts aktiviert.

  • Sie beginnen sich zu vermehren.

  • Sie produzieren spezielle Oberflächenproteine, vor allem OspC (outer surface protein C).

  • Damit wandern sie von der Darmschleimhaut der Zecke in die Speicheldrüsen – und gelangen schließlich in die Haut des Menschen.

Dauer: Dieser Prozess braucht Zeit. In der Regel muss eine infizierte Zecke mindestens 15 Stunden an der Haut anhaften, um eine Infektion auszulösen.

Nach der Übertragung bleiben die Borrelien zunächst in der Haut. Dann breiten sie sich aus – entweder entlang der Haut (z. B. als Wanderröte) oder über die Blutbahn und das Lymphsystem in verschiedene Organe. Dabei sind besonders gefährdet:

  • Gelenke

  • Nervensystem

  • Herz

Der Körper reagiert mit einer Immunantwort. In vielen Fällen kann das Immunsystem die Erreger vollständig beseitigen, ohne dass eine Krankheit entsteht. Aber: Die Borrelien haben hochentwickelte Mechanismen, mit denen sie der Abwehr entkommen – sie verändern ihre Oberfläche und entziehen sich so der Erkennung.

Die Schäden in Organen entstehen hauptsächlich nicht durch die Bakterien selbst, sondern durch die Reaktion des Immunsystems. Es kommt zu entzündlichen Prozessen, die Gewebe schädigen können – z. B. in Gelenken, Nerven oder am Herzen.


Was passiert in der Haut? (Gewebeveränderungen bei Lyme-Borreliose)

Die Lyme-Borreliose kann – je nach Stadium – unterschiedliche Veränderungen im Gewebe verursachen. Diese sieht man nur unter dem Mikroskop, etwa wenn eine Hautprobe entnommen wird. Für die Diagnose ist so eine Probe aber nur selten nötig.

Wanderröte (Erythema migrans)

Diese typische Hautrötung sieht man mit bloßem Auge – meist als ringförmige, sich ausbreitende Rötung. In der Haut zeigen sich dort Entzündungszellen rund um die kleinen Blutgefäße, die auf eine Immunreaktion hinweisen. Die Erreger selbst lassen sich fast nie direkt nachweisen. Deshalb reicht allein der Anblick dieser Rötung meist aus, um mit der Behandlung zu beginnen.

Chronische Hautveränderung: Acrodermatitis chronica atrophicans

Diese seltene Spätform tritt oft Jahre nach der Infektion auf – vor allem bei älteren Menschen. Die Haut an Händen oder Füßen wird bläulich-rot, etwas geschwollen und später dünn wie Pergament. Unter dem Mikroskop erkennt man hier eine ausgeprägte Entzündungsreaktion und eine Umstrukturierung des Bindegewebes. Solche Befunde helfen dabei, diese Form von anderen Hautkrankheiten zu unterscheiden.

Lymphozytom der Haut

Diese seltene, gutartige Hautveränderung entsteht Wochen bis Monate nach einer Infektion – meist an Ohrläppchen (bei Kindern) oder an der Brustwarze (bei Erwachsenen). Es zeigt sich ein bläulich-roter, weicher Knoten, der keine Schmerzen verursacht. Die Gewebeuntersuchung zeigt hier eine starke Ansammlung von Abwehrzellen. Diese Veränderungen ähneln manchmal bösartigen Erkrankungen, sind aber gutartig und bilden sich nach Behandlung meist vollständig zurück.

Wie erkennt man Lyme-Borreliose? 

Die Beschwerden bei Lyme-Borreliose können sehr unterschiedlich sein – je nachdem, wie lange die Infektion schon besteht und welche Körperbereiche betroffen sind. Die Erkrankung wird in drei Stadien eingeteilt, aber nicht alle Menschen durchlaufen alle Phasen.

Wichtig zu wissen:

Ein kleiner Teil der Infizierten (ca. 1,6 % bis 7 %) hat keinerlei Beschwerden. Meist jedoch treten Symptome auf – besonders die typische Wanderröte (Erythema migrans) ist ein erster klarer Hinweis.

Beschwerden im Frühstadium (lokalisierte Infektion)

Diese Phase beginnt meist 1 bis 2 Wochen nach dem Zeckenstich. Häufige Beschwerden:

  • Wanderröte: Eine runde oder ovale Rötung, die sich langsam vergrößert und oft in der Mitte blasser wird (sogenannter „Bull’s-Eye“-Effekt)

  • Müdigkeit und leichtes Fieber

  • Kopf- und Gliederschmerzen

  • Muskelverspannungen und Nackenschmerzen

  • Manchmal auch Augenrötung oder ein leichtes Brennen der Haut

Wenn nichts unternommen wird, kann sich die Infektion im Körper ausbreiten.

Beschwerden im Früh-disseminierten Stadium (Ausbreitung)

Diese Phase beginnt etwa 3 bis 12 Wochen nach der Infektion. Die Bakterien gelangen in andere Körperbereiche. Mögliche Symptome:

  • Mehrere Hautrötungen gleichzeitig

  • Starke Erschöpfung und grippeähnliches Gefühl

  • Lähmung im Gesicht (häufig eine Gesichtshälfte, sog. Fazialisparese)

  • Kopfschmerzen, Schwindel

  • Herzbeschwerden: z. B. Herzstolpern, Brustschmerzen, Atemnot

  • Sehstörungen, Lichtempfindlichkeit

  • Bläulich-roter Knoten an Ohr oder Brust (Borrelien-Lymphozytom)

Beschwerden im Spätstadium

Wenn die Erkrankung nicht behandelt wird, können Monate oder sogar Jahre später weitere Beschwerden auftreten:

  • Gelenkschmerzen (besonders an großen Gelenken wie dem Knie), mit Schwellung und Bewegungseinschränkung

  • Taubheitsgefühle, Kribbeln oder Muskelschwäche

  • Konzentrationsprobleme, Reizbarkeit, Gedächtnisprobleme

  • Seltene Nervenentzündungen oder Krampfanfälle

  • Langsam fortschreitende Hautveränderung mit bläulicher Färbung und Verdünnung der Haut (Acrodermatitis chronica atrophicans)

In etwa 10 % der Fälle liegt zusätzlich eine weitere Zeckeninfektion vor – z. B. mit Babesia oder Ehrlichia. Diese Kombination kann zu stärkeren Symptomen und Fieber führen, das trotz Antibiotika bestehen bleibt.

Wie wird Lyme-Borreliose diagnostiziert?

Die Diagnose ist oft eine Herausforderung – denn nicht alle Patient*innen erinnern sich an einen Zeckenstich oder zeigen die typische Wanderröte. Auch die Symptome können vage sein. Deshalb ist ein strukturierter Diagnoseweg besonders wichtig.

Grundregel:

Wenn eine Patientin oder ein Patient in einem Risikogebiet war und typische Beschwerden zeigt (z. B. Wanderröte, Gesichtslähmung, Herzrhythmusstörungen), kann die Diagnose oft klinisch gestellt werden – also ohne Labor.

Serologische Tests – in 2 Schritten

Die US-Gesundheitsbehörde (CDC) empfiehlt einen zweistufigen Labortest:

  1. Antikörper-Suchtest (ELISA oder Immunfluoreszenz)
    → zeigt, ob der Körper eine Immunreaktion gegen Borrelien entwickelt hat

  2. Bestätigung durch Western Blot, wenn der erste Test positiv oder grenzwertig ist

    • Positiv bei mindestens 2 von 3 IgM-Banden (innerhalb der ersten 30 Tage)

    • Oder 5 von 10 IgG-Banden (später im Verlauf)

Wichtig:
  • Diese Tests sind in den ersten 1–2 Wochen oft noch negativ, da der Körper Zeit braucht, um Antikörper zu bilden.

  • Ein positiver Test allein beweist keine aktive Infektion – die Symptome müssen dazu passen.

  • Bei typischer Wanderröte sollte sofort behandelt werden, auch ohne Labortest.

Wann sind Tests sinnvoll?

Tests sind besonders sinnvoll bei:

  • Neurologischen Beschwerden (z. B. Lähmungen, Meningitis, Gefühlsstörungen)

  • Unklarer Herzmuskelentzündung in einem Risikogebiet

  • Gelenkschmerzen oder -schwellungen, wenn Lyme-Arthritis vermutet wird

Was nicht empfohlen wird

  • Wiederholte Antikörpertests im akuten Verlauf (Antikörper bleiben oft lange nachweisbar)

  • PCR- oder Kulturuntersuchungen aus Blut (nicht ausreichend zuverlässig)

  • Zecken selbst testen zu lassen (liefert keine sichere Aussage über Übertragung)

Deine Möglichkeiten mit unseren Tests

In unserer Praxis bieten wir Labortests zur Lyme-Borreliose an, die dem empfohlenen zweistufigen Verfahren folgen. Du erhältst:

  • Eine qualitativ hochwertige serologische Untersuchung mit geprüften Testsystemen
  • Eine medizinische Auswertung durch erfahrene Laborärzt*innen

 

Behandlung und Therapie der Lyme-Borreliose

Lyme-Borreliose ist grundsätzlich heilbar, besonders wenn sie früh erkannt wird. Die Behandlung erfolgt mit gezielt eingesetzten Antibiotika, die je nach Krankheitsstadium, Symptomen und Risikogruppe angepasst werden.

1. Nach einem Zeckenstich – wann vorbeugend behandeln?

Wenn ein Zeckenstich bekannt ist, aber noch keine Symptome aufgetreten sind, kann eine vorsorgliche Behandlung sinnvoll sein – aber nur, wenn:

  • die Zecke eindeutig zur Überträgerart gehört,

  • die Person sich in einem Hochrisikogebiet aufgehalten hat,

  • die Zecke mindestens 36 Stunden an der Haut war.

In diesem Fall kann eine einmalige Antibiotikagabe helfen, die Infektion zu verhindern. Voraussetzung ist, dass die Maßnahme möglichst innerhalb von 72 Stunden nach Entfernung der Zecke erfolgt.

2. Behandlung bei Wanderröte (Erythema migrans)

Wenn eine typische Hautrötung nach einem Zeckenstich auftritt – also ein sich ausbreitender, ringförmiger Ausschlag – wird sofort behandelt, ohne dass Labortests nötig sind. Die Dauer der Therapie richtet sich nach dem eingesetzten Präparat (meist 10–14 Tage). Alternativen stehen zur Verfügung, wenn Unverträglichkeiten oder Allergien vorliegen.

3. Behandlung bei Beteiligung von Nerven oder Herz

Wenn es zu Symptomen wie:

  • Gesichtslähmungen

  • Hirnhautentzündung

  • Gefühlsstörungen

  • Herzrhythmusstörungen

kommt, ist oft eine intensivere Behandlung nötig – meist über zwei bis drei Wochen. In schwereren Fällen erfolgt diese zunächst als intravenöse Therapie, gefolgt von einer Fortsetzung in Tablettenform, sobald sich der Zustand stabilisiert.

4. Behandlung bei Gelenkbeschwerden (Lyme-Arthritis)

Treten Schwellungen und Schmerzen in großen Gelenken (meist Knie) auf, erfolgt eine lange orale Antibiotikabehandlung über ca. 4 Wochen. Wenn danach noch Beschwerden bestehen, kann eine zweite Behandlungsrunde oder eine intensivere Therapieform erwogen werden.

Bei Patient*innen, die trotz mehrfacher Therapie weiterhin Gelenkbeschwerden haben, kann eine rheumatologische Abklärung sinnvoll sein – insbesondere, wenn keine aktiven Erreger mehr nachweisbar sind. Dann spricht man von einer sogenannten postinfektiösen Arthritis.

5. Besondere Hautveränderungen

Auch seltene Hautmanifestationen wie ein Borrelien-Lymphozytom oder die Acrodermatitis chronica atrophicans werden mit einer mehrwöchigen antibiotischen Therapie behandelt – angepasst an Dauer und Schwere der Erkrankung.

6. Was ist das Posttreatment Lyme Disease Syndrome (PTLDS)?

Bei 10–20 % der Betroffenen bleiben nach antibiotischer Behandlung unspezifische Beschwerden zurück, wie z. B.:

  • Müdigkeit

  • Schmerzen

  • Konzentrationsstörungen

Für diese Form sind keine aktiven Borrelien mehr nachweisbar. Es gibt mehrere Theorien zu ihrer Entstehung:

  • Anhaltende Immunaktivierung, obwohl keine Infektion mehr vorliegt

  • Reaktion auf Bakterienreste im Gewebe

  • Überreaktion des Immunsystems auf bestimmte Bakterienproteine

Bis heute ist keine aktive chronische Borrelien-Infektion wissenschaftlich belegt. Eine weitere antibiotische Behandlung bringt in diesen Fällen keinen Nutzen. Die Therapie erfolgt symptomorientiert.

Was kann ähnlich aussehen wie Lyme-Borreliose? (Differenzialdiagnosen)

Die Symptome der Lyme-Borreliose können sehr unterschiedlich sein – und sie ähneln häufig anderen Erkrankungen. Deshalb ist eine gründliche ärztliche Abklärung wichtig, vor allem dann, wenn keine typische Wanderröte sichtbar war.

Hier eine Übersicht über mögliche Verwechslungen – je nachdem, welche Beschwerden im Vordergrund stehen:

Wenn eine Hautrötung wie Wanderröte (Erythema migrans) auftritt:

  • Reaktionen auf Insektenstiche

  • Hautinfektionen wie Wundrose (Erysipel) oder Pilzinfektionen

  • Allergische Hautreaktionen

  • Autoimmunerkrankungen der Haut, z. B. Lupus erythematodes

  • Kinderkrankheiten wie Ringelröteln

  • Ekzeme oder Kontaktsensibilisierungen

Wenn Lähmungen oder Nervenschmerzen auftreten:

  • Gesichtslähmung durch Viren (z. B. Herpes-Viren)

  • Bandscheibenvorfälle mit Nervenreizung

  • Multiple Sklerose oder andere Autoimmunerkrankungen

  • Virusbedingte Hirnhautentzündungen

Wenn Herzbeschwerden auftreten:

  • Andere Ursachen für Herzmuskel- oder Herzbeutelentzündungen

  • Reizleitungsstörungen ohne Infektionsursache

  • Autoimmune Herzerkrankungen

Wenn Gelenkschmerzen auftreten:

  • Rheumatoide Arthritis

  • Gicht oder Pseudogicht

  • Psoriasis-Arthritis

  • Virusbedingte Gelenkentzündungen

  • Reaktive Arthritis nach Infektionen

  • Arthritis bei anderen chronischen Erkrankungen (z. B. Morbus Bechterew, Sarkoidose)

Wenn Hautveränderungen im Spätstadium auftreten:

  • Altersbedingte Hautveränderungen

  • Durchblutungsstörungen oder Venenprobleme

  • Seltene Bindegewebserkrankungen wie Sklerodermie oder Morphea

  • Chronische Ekzeme

Wenn nach Behandlung weiterhin Beschwerden bestehen:

  • Chronisches Erschöpfungssyndrom (z. B. Long COVID, Fibromyalgie)

  • Depressionen oder Angststörungen

  • Schilddrüsenunterfunktion

  • Vitaminmängel (z. B. B12)

  • Nicht erkannte andere Infektionen

Diese Übersicht zeigt: Die Symptome der Lyme-Borreliose überschneiden sich mit vielen anderen Erkrankungen. Umso wichtiger ist eine sorgfältige ärztliche Einschätzung, die sowohl die Krankengeschichte, den Lebensraum (z. B. Risikogebiete) als auch Laborbefunde berücksichtigt.

Wie geht es nach der Behandlung der Lyme-Borreliose weiter? (Prognose und Langzeitverlauf)

Die gute Nachricht: In den meisten Fällen heilt die Lyme-Borreliose vollständig aus – vor allem dann, wenn sie in einem frühen Stadium erkannt und behandelt wird. Bei rechtzeitiger Therapie verschwinden die Beschwerden oft innerhalb weniger Wochen.

Wie viele Menschen erholen sich vollständig?

Laut Studien haben über 80 % der Betroffenen nach der empfohlenen Behandlung keine bleibenden Symptome. Das gilt insbesondere für Menschen, die im Frühstadium behandelt wurden.

Was ist mit den übrigen 10–20 %?

Ein Teil der Patient*innen entwickelt nach der Therapie anhaltende Beschwerden, z. B.:

  • Müdigkeit

  • Konzentrationsprobleme

  • Gelenk- oder Muskelschmerzen

Diese Beschwerden werden unter dem Begriff Posttreatment Lyme Disease Syndrome (PTLDS) zusammengefasst. Die genaue Ursache ist noch nicht vollständig geklärt. Eine erneute Infektion oder eine chronische Borreliose liegt jedoch nicht vor. Vielmehr geht man von einer anhaltenden Immunreaktion oder Störungen in der Erholungsphase aus.

Gibt es eine Impfung?

Aktuell wird ein neuer Impfstoff gegen Lyme-Borreliose entwickelt, der auf einem Oberflächenprotein der Borrelien basiert. Die klinischen Studien laufen noch (Stand: seit 2022). Sollte der Impfstoff erfolgreich zugelassen werden, könnte er zukünftig einen wichtigen Schutz für Risikogruppen bieten – etwa für Menschen in stark betroffenen Regionen oder mit häufigem Aufenthalt in der Natur.

Komplikationen und mögliche Folgeschäden 

Wenn die Lyme-Borreliose nicht erkannt oder nicht ausreichend behandelt wird, kann sie sich über Wochen oder Monate hinweg ausbreiten und bleibende Schäden verursachen. Die Beschwerden sind dann nicht mehr nur unangenehm, sondern können die Lebensqualität erheblich einschränken.

Zu den möglichen Komplikationen zählen:

Gelenkbeschwerden: Besonders häufig ist die sogenannte Lyme-Arthritis, eine meist schubweise verlaufende Gelenkentzündung. Sie betrifft überwiegend große Gelenke wie das Knie. Die Gelenke schwellen an, schmerzen und sind in der Bewegung eingeschränkt. In seltenen Fällen entwickelt sich eine chronische Entzündung, auch wenn keine aktiven Erreger mehr nachweisbar sind.

Herzprobleme: Wenn die Borrelien das Herz befallen, kann es zu Reizleitungsstörungen, Herzrhythmusstörungen oder Entzündungen des Herzmuskels kommen. Meist sind diese Veränderungen vorübergehend, in Einzelfällen können sie aber schwerwiegend sein und eine stationäre Überwachung nötig machen.

Nervenschäden: Die Lyme-Borreliose kann das zentrale und periphere Nervensystem betreffen. Häufige Folgen sind Lähmungen (z. B. im Gesicht), Gefühlsstörungen, Nervenschmerzen oder bei Kindern auch Meningitis. In schweren Fällen kann es zu Gleichgewichtsstörungen, Konzentrationsschwäche oder sogar zu Veränderungen der Persönlichkeit kommen. Diese Symptome treten meist erst in der Spätphase auf und bessern sich unter Umständen nur langsam.

Hautveränderungen: Die Acrodermatitis chronica atrophicans ist eine seltene Spätfolge, bei der sich die Haut – meist an Händen oder Füßen – bläulich verfärbt, dünner wird und an Elastizität verliert. Sie entsteht oft erst Jahre nach der Infektion und kann mit anderen Hautkrankheiten verwechselt werden.

Bläuliche Hautknoten: Das sogenannte Borrelien-Lymphozytom tritt früh im Krankheitsverlauf auf, meist am Ohr oder an der Brust. Es handelt sich um eine schmerzlose Schwellung, die meist von selbst verschwindet, aber auch behandelt werden kann.

Wer unterstützt bei der Behandlung?

In komplexen Fällen ist eine Zusammenarbeit verschiedener Fachrichtungen sinnvoll. Dazu zählen:

  • Fachärzt*innen für Infektiologie

  • Neurolog*innen bei Nervenbeteiligung

  • Rheumatolog*innen bei Gelenkentzündungen

  • Kardiolog*innen bei Herzbeteiligung

  • Dermatolog*innen bei speziellen Hautveränderungen

Wie kannst Du Dich schützen?

Lyme-Borreliose ist nicht nur behandelbar, sondern in vielen Fällen auch vermeidbar, wenn man einige einfache Schutzmaßnahmen beachtet:

  • Trage beim Aufenthalt in Wald, hohem Gras oder Buschwerk lange Kleidung und geschlossene Schuhe.

  • Verwende geeignete Insektenschutzmittel mit DEET, Picaridin oder Zitroneneukalyptusöl.

  • Untersuche Dich und Deine Kinder nach Aufenthalten im Freien gründlich auf Zecken – besonders am Haaransatz, hinter den Ohren, unter den Armen, in der Leistengegend oder an den Kniekehlen.

  • Entferne festgesaugte Zecken schnellstmöglich mit einer feinen Pinzette – ohne sie zu quetschen.

  • Beobachte die Hautstelle über mehrere Tage.

  • Bei typischen Beschwerden wie Rötung, Fieber oder Gelenkschmerzen solltest Du unverzüglich medizinischen Rat einholen.

Fazit: Früh erkennen – richtig handeln

Die Lyme-Borreliose ist eine ernstzunehmende Erkrankung, aber bei rechtzeitiger Diagnose sehr gut behandelbar. Je früher die Therapie beginnt, desto besser sind die Heilungschancen. Achte deshalb auf Warnzeichen wie Wanderröte, unerklärliche Gelenkschmerzen oder neurologische Symptome – besonders, wenn Du Dich in einem Zeckengebiet aufgehalten hast.

Unsere Praxis bietet Dir eine fundierte Diagnostik und eine individuelle Begleitung, auch bei unklaren Beschwerden oder chronischen Verläufen. Durch unsere spezialisierten Labortests und persönlichen Fragebögen unterstützen wir Dich dabei, die Ursache Deiner Symptome gezielt abzuklären und rechtzeitig zu handeln.

 

Literatur:

Skar, G. L., Blum, M. A. & Simonsen, K. A. (2024). Lyme Disease. In: StatPearls [Internet]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing. Zuletzt aktualisiert am 1. Oktober 2024. Verfügbar unter: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK431066/

Geschrieben von: Bahtier Kurbanov

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